Ist Sitzen nur das neue Rauchen?

Wir sind 13,3h am Tag inaktiv und liegen 8,9 Stunden. So bleiben 1,8 Stunden für Bewegung. Damit steigern wir stetig das Risiko an einer kardiovaskulären Erkrankung zu erkranken. Das Rezept – mehr Bewegung im Alltag und eine Unterbrechung langer Sitz- und Stehzeiten am Stück.

 

„Die Deutschen sind Sitzenbleiber“. So äußerte sich Professor Ingo Froböse vom Zentrum für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln bei der Vorstellung des DKV-Berichts zur Gesundheit der Deutschen. Ein durchschnittlicher Deutscher schätzt 7 ½ Stunden am Tag – ob am Schreibtisch, im Auto oder vorm Fernseher zu sitzen.

 

Objektiv gemessen: Aktivitätsverteilung von Arbeitnehmern von über 12.000 mesana Screenings

Mit dem mesana Gesundheits-Check wurde die Alltagsaktivität von über 12.000 Mitarbeitern über jeweils zwei Tage aufgezeichnet. Bei der Auswertung werden die Aktivitätsklassen inaktiv (d.h. Sitzen oder Stehen), niedrige oder hohe Aktivität unterschieden: Im Durchschnitt sind wir 13,9 Stunden am Tag inaktiv. Plus 8,9 Stunden Liegedauer sind es 22,2 Stunden am Tag die wir „ausruhen“.
 

Inaktivitäts- und Liegedauer von über 12.000 mesana Screenings

 

Ist stehen besser als sitzen?

Inaktivität berücksichtigt auch stehende Phasen. Das ist relevant weil es Indizien gibt, dass Menschen mit einem überwiegend stehenden Arbeitsprofil gegenüber Menschen mit überwiegend sitzendem Arbeitsprofil ein doppelt so hohes Risiko aufweisen eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln [8].


Auch wer viel steht, steigert sein kardiovaskuläres Risiko.


Sitzzeiten von über 23 Stunden pro Woche verglichen mit 11 Stunden pro Woche (zusätzliche Sitzzeiten neben Arbeitsalltag) steigern das Risiko in Folge einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben um 64% [1]. Das stundenlange Sitzen ist deshalb so kritisch, weil es schleichend aber stetig zu Gesundheitsrisiken führt. Aktuelle Studien zeigten signifikante Zusammenhänge zwischen Sitzzeiten und Gesamtmortalität auf – unabhängig von anderen Faktoren wie körperlicher Aktivität, Rauchverhalten oder dem BMI [2, 3, 4]. Schon zwei Stunden längeres Sitzen täglich, wie zum Beispiel abends vorm Fernseher, schwächt das Herz-Kreislauf-System und steigert Risikoindikatoren wie 12% höhere Blutfettwerte und einen 3% höheren BMI [5, 6, 7]. Sogar psychische Erkrankungen werden durch die fehlende Bewegung begünstigt, da Stresshormone nicht so gut abgebaut werden können. So zeigen diejenigen, die mehr als 42 Stunden pro Woche saßen ein um 31% erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen [6].


Am besten unterbricht man das Sitzen regelmäßig.


Wer dagegen weniger als die Hälfte seines Tages sitzend verbringt, hat im Schnitt eine signifikant geringere Gesamtmortalität bzw. Sterblichkeitsrate infolge kardiovaskulärer Erkrankungen als diejenigen, die mehr als die Hälfte ihres Tages sitzen [9]. Bereits zwei Stunden Sitzen am Tag durch Stehen zu ersetzen, hat positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-System [10]. Am Arbeitsplatz könnten Telefonate und Meetings im Stehen gehalten und Stehtische eingeführt werden, um die Stehzeiten im Arbeitsalltag zu fördern [11]. Während körperliche Aktivität allgemein die gesundheitlichen Schäden durch langes Sitzen nicht vollständig ausgleichen kann, so sind die Ausmaße der gesundheitsschädlichen Folgen für körperlich sehr aktive Menschen geringer. Erheblichen Einfluss dagegen hat körperliche Aktivität, wenn sie Sitzzeiten unterbricht oder ersetzt. Regelmäßiges Aufstehen und Bewegung während längeren Sitzzeiten und mindestens 150 Minuten pro Woche sportliche Betätigung zeigen messbare Verbesserungen von kardiometabolischen Biomarkern [12, 13].

 

Fahrrad-Pendler sind gesünder

Eine weitere Möglichkeit mehr körperliche Aktivität in den Alltag einzubauen, ist mit dem Rad statt mit dem Auto zur Arbeit zu pendeln. Tägliches Radfahren zur Arbeit senkt die allgemeine Sterblichkeitsrate, selbst unter körperlich sehr aktiven Menschen [14]. Dabei spielt die Intensität des Radfahrens eine untergeordnete Rolle. Blutwerte, Blutdruck, geistige Gesundheit und körperliche Fitness verbessern sich merklich, wenn das Radpendeln zur Gewohnheit wird [15, 16].

Wer lieber zu Fuß unterwegs ist, der kann sich angewöhnen das Auto nicht auf dem Firmenparkplatz, sondern ein paar Blocks entfernt zu parken oder eine Haltestelle früher auszusteigen und den restlichen Weg zu laufen.

Für regelmäßige Informationen zum Thema Gesundheit melden Sie sich für unseren Newsletter an.

 


Quellenverzeichnis

[1] Warren, T. Y., Barry, V., Hooker, S. P., Sui, X., Church, T. S. & Blair, S. N. (2010). Sedentary Behaviors Increase Risk of Cardiovascular Disease Mortality in Men. Med Sci Sports Exerc. 42(5), 879-885.
[2] Katzmarzyk, P., Church, T., Craig, C. & Bouchard, C. (2009). Sitting Time and Mortality from All Causes, Cardiovascular Disease, and Cancer. Medicine & Science in Sports & Exercise 41(5), 998-1005.
[3] Hamilton, M., Hamilton, D. & Zderic, T. (2007). Role of low energy expenditure and sitting in obesity, metabolic syndrome, type 2 diabetes, and cardiovascular disease. Diabetes 56, 2655-2667.
[4] Healy, G., Dunstan, D., Salmon, J., Shaw, J., Zimmet, P. & Owen, N. (2008). Television time and continuous metabolic risk in physically active adults. Medicine & Science in Sports & Exercise 40, 639–645.
[5] Tauber, J. (26.01.2015). Ein Volk von Sitzenbleibern. Ärzte Zeitung Online. Verfügbar unter https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/adipositas/article/877781/dkv-studie-volk-sitzenbleibern.html [16.08.2017].
[6] Groll, T. (15.11.2012). Wer lange sitzt, ist früher tot. ZEIT ONLINE. Verfügbar unter http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-10/sitzen-gesundheit-arbeit [16.08.2017].
[7] Bey, L., Hamilton, M. (2003). Suppression of skeletal muscle lipoprotein lipase activity during physical inactivity: a molecular reason to maintain daily low-intensity activity. Journal of Physiology 551, 673-682.
[8] Smith, P., Ma, H., Glazier, R. H., Gilbert-Ouimet, M. & Mustard, C. (2017). The relationship between occupational standing and sitting and incident heart disease over a 12-year period in Ontario, Canada. American journal of Epidemiology, kwx298. Verfügbar unter https://doi.org/10.1093/aje/kwx298 [20.08.2017].
[9] Weller, I. & Corey, P. (1998). The impact of excluding non-leisure energy expenditure on the relation between physical activity and mortality in women. Epidemiology 9, 632-635.
[10] Healy, G., Winkler, E., Owen, N., Anuradha, S. & Dunstan, D. (2012). Replacing sitting time with standing or stepping: associations with cardio-metabolic risk biomarkers. European Heart Journal 36, 2643–2649.
[11] Levine, J. (04.09.2015). What are the risks of sitting too much? Mayo Clinic. Verfügbar unter http://www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/adult-health/expert-answers/sitting/faq-20058005 [16.08.2017].
[12] Biswas, A., Oh, P., Faulkner, G., Bajaj, R., Silver, M., Mitchell, M. & Alter, D. (2015). Sedentary Time and Its Association With Risk for Disease Incidence, Mortality, and Hospitalization in Adults. Annals of Internal Medicine 162, 123-132.
[13] Hamilton, M., Healy, G., Dunstan, D., Zderic, T. & Owen, N. (2008). Too Little Exercise and Too Much Sitting: Inactivity Physiology and the Need for New Recommendations on Sedentary Behavior. Current Cardiovascular Risk Reports 2, 292-298.
[14] Andersen, L., Schnohr, P., Schroll, M. & Hein, H.-O. (2000). All-Cause Mortality Associated With Physical Activity During Leisure Time, Work, Sports, and Cycling to Work. Archives of Internal Medicine 160(11), 1621-1628.
[15] De Geus, B., Van Hoof, E., Aerts, I., & Meeusen, R. (2008). Cycling to work: influence on indexes of health in untrained men and women in Flanders. Coronary heart disease and quality of life. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports 18(4), 498-510.
[16] Hendriksen, I., Zuiderveld, B., Kemper, H. & Bezemer, P. (2000). Effect of commuter cycling on physical performance of male and female employees. Medicine & Science in Sports & Exercise 32(2), 504-510.

 

Follow us on LinkedIn

« zurück